Falsches Denken
Cogito ergo sum
Unser Denken bildet die Grundlage für unser Handeln und damit für all das, was wir tun, bzw. unterlassen. Wenn wir das Wirken des Menschen insgesamt betrachten und dieses unter dem Aspekt der Förderlichkeit und der Nützlichkeit betrachten, kommen wir an der Feststellung nicht vorbei, das unser Handeln weder durch Erkennen von Zusammenhängen noch durch Verantwortlichkeit gekennzeichnet ist. Der technisierte und rationell geprägte Mensch überprüft sein Handeln nicht durch sein Gefühl und unterlässt damit die sichernde Bestätigung seines Tuns:
FÜHLEN > DENKEN > HANDELN > > > Überprüfen durch FÜHLEN
Unsere Spezies hat in ihrer Entwicklung zwar ihre Werkzeuglichkeit, also die Technae und damit das rationelle Denken ausgebildet, nicht aber ihre Emotionalität. Daher ist unser Handeln isoliert intellektuell geprägt und trägt vielfach egozentrische Züge. Wir dünken uns als Spitze einer Entwicklung und nicht als Mitglied eines Netzwerkes, dessen Existenz vom intakten Miteinander abhängt. Obwohl wir langsam begreifen, dass unser Tun schließlich auf uns zurückfällt, hat sich an unserem Wirken bislang nichts wesentliches geändert. Das zeigt sich zum einen am Umgang der Menschen untereinander und zum anderen am Umgang mit Tieren und Pflanzen, die wir weder achten noch respektieren, sondern nur benutzen. Hier zeigt sich Krankheit als Ausdruck von Missachtung im besonderem Maße.
Wo liegen die Gründe?
Die Emotionalität des zivilisierten Menschen hat sich bis heute nicht wesentlich weiterentwickelt und befindet sich noch auf der Stufe der Vorzeitmenschen, wie z.B. der Cro Magnon oder der Australopithecus robustus. Wörtlich bedeutet Emotion "aus der Bewegung heraus entstehend" (ex motio). Gefühle sind das Ergebnis eines ungehinderten und freien Prozesses im Empfinden und Erleben. Der Mensch ist aber in der Regel weder frei noch ungehindert, sondern vornehmlich beharrend und sklerotisch, bzw. destruktiv und chaotisch. Diese Entwicklung ist die Folge eines durch Verlust- und Entzugsangst gekennzeichneten Verhaltensmusters des (domestizierten) Menschen, das sich besonders in kritischen oder bedrohlichen Phasen zeigt. Wir verhalten uns wie Höhlenmenschen, die sich einem Säbelzahntiger gegenübersehen und nur zwei Möglichkeiten haben: Leben oder Sterben! Wir leben zwar nicht mehr in Höhlen, doch unser Zustand ist im Prinzip der gleiche geblieben. Unser Alarmsystem, die Psyche, hat in hunderttausenden von Jahren nichts wesentliches dazugelernt, da sie eine Beharrungstendenz zeigt: Sie hält alles fest und rekurriert auf das Erlebte und Gelernte. Sie ist nicht darauf ausgerichtet, jenes zuzulassen, was uns gut tut, sondern nur, was uns bekannt vorkommt, auch wenn es uns schadet. Damit wiederholen wir ständig unsere Fehler. Wir haben bislang noch nicht realisiert, dass es keine Säbelzahntiger mehr gibt, dennoch handeln wir so, als seien diese noch gegenwärtig. Die Mitmenschen sind an ihre Stelle getreten: "Homo homini lupus" - Der Mensch ist des Menschen Wolf. (John Locke)
Die emotionelle Unterentwicklung hat dazu geführt, das die Ratio und der Verstand überbetont und überbewertet wird und die für uns einzig verbindliche Grundlage darstellt. Diese Kompensation ist die Ursache unserer gegenwärtig sichtbaren und wahrnehmbaren Hybris: MACHEN, WAS MACHBAR IST! Wir machen alles, weil wir es können und nicht weil wir es brauchen. Das, was wir wirklich brauchen, schaffen wir nicht: Eine lebensbestätigende Sicherung. Unsere Rationalität hat weiterhin dazu geführt, dass wir von allen Vorgängen ein technisches Verständnis haben und dabei soweit gehen, auch komplexe Lebensvorgänge auf ihre Biochemie zu reduzieren. Die Biochemie erklärt aber bestenfalls, wie etwas - z.B. der Stoffwechsel - funktioniert, wie eine Zelle sich teilt, aber nicht warum!
Unsere Naturwissenschaften haben die Wirklichkeit komplexer Lebensvorgänge nur angeritzt und noch lange nicht verstanden, bzw. begriffen. Das Verhältnis von dem, was sie weiß und noch nicht weiß ist nicht anders als astronomisch zu bezeichnen.
Vor dem Hintergrund eines solchen Verständnis relativiert sich beispielsweise die Kompetenz der Schulmedizin, die auf dem rationellen und einseitigen Denken beruht erheblich, und eine Störung oder eine Krankheit vornehmlich als ein durch Reparatur zu behebender Zustand begreift. Nach ihrer Maßgabe werden aufgrund isolierter Verständnisse Organe, bzw. Gewebe und weniger der erkrankte Mensch therapiert. Sie sieht nicht, dass es sich bei Organen, Geweben und Zellverbände um keine selbständig handelnde Subjekte handelt, sondern nur um reaktive Objekte. Das handelnde Subjekt ist und bleibt der Mensch selbst!
Krankheit ist Ausdruck individueller Not.
Wir verstehen Krankheit als etwas Fremdes und von außen aufgezwungenes und nicht etwa im Zusammenhang mit menschlichem Verhalten. Falsches Verhalten begleitet den Menschen sein Leben lang. Hier treten die Folgen des rationell ausgerichteten Handelns deutlich zu Tage. Das fehlende Gespür für Zusammenhänge hat dazu geführt, dass wir fast vollständig vergessen haben, dass es sich beim Mensch um einen Säuger handelt, der sein Leben nach einem definierten Erfüllungsmuster ausrichtet. Diese nicht zur Disposition stehenden Muster werden beim Tier ohne NACHDENKEN erfüllt, da sie keinen Intellekt besitzen, sondern einen intuitiven lebenssichernden Instinkt; beim Menschen geschieht dies in der Regel nicht. So stellt eine werdende Mutter ihr werdenden Kind schon einmal nicht nur gedanklich in Frage und bedenkt nicht, dass der Embryo diese Infragestellung als Existenzbedrohung erlebt. Eine Mutter, die Ihren Säugling nachts schreien lässt, in der Hoffnung, dass er dann nicht mehr nach ihr verlangt, untergräbt das Gefühl der Lebensbestätigung und der Lebenssicherung. Ähnliches gilt für eine Mutter, die ihr Kind zwar füttert, sich ihm aber nicht emotionell zuwendet (analog zu ungestillt). Wir beobachten zunehmend das Auftreten von Lebensängsten, die mit dem erlebten Entzug und Verlust korrelieren, der dann später über die Erfüllung von Ersatzmustern (z.B.: Dogmen, Ideologien, Sekten, Extremsport, Geldgier, Drogen) kompensiert wird. Der Mensch rennt dann den Auswirkungen dieser früh einsetzenden Prozesse hinterher und versucht die Auswüchse, die sich in Form von Krankheit, Persönlichkeitsstörungen bis hin zur Kriminalität und Krieg als roter Faden zeigt, zu bekämpfen. Wie gut das gelingt, kann in der täglichen Presse verfolgt werden.
Eine strukturelle Änderung dieser (hausgemachten) Misere ist nur möglich, in dem der Teufelskreis von Abhängigkeiten erkannt und unterbrochen wird. Dazu brauchen wir nichtangstinduzierende Muster, aufgrund der sich unsere Emotionen weiterentwickeln können. Erst dann werden wir in der Lage sein, anders - nämlich vernetzt - zu denken und ökologisch zu handeln. Entweder wir lernen, uns in das globale Lebensnetzwerk als nicht mehr (zer)störend und destruktiv einzufügen oder das Evolutionsexperiment Mensch wird wahrscheinlich scheitern. Die Frage ist dann nicht mehr ob, sondern nur noch wann.